4 Männer an einem Startblock, knieend

Wir brauchen mehr Transparenz für einen fairen Wettbewerb

News | 26.04.2022

Die Redaktion des DC MAG sprach mit Marina Köhn, Wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Umweltbundesamt (UBA), über die Zukunft des Blauen Engels. Sie plädiert für mehr Transparenz auf dem Markt und einen fairen Wettbewerb. Dr. Dieter Thiel, Senior Consultant bei der Data Center Group (DCG), der seit vielen Jahren als Experte an den Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit arbeitet, ist Mitglied im Expertenkreis „Blauer Engel“ des UBA. Im Gespräch mit DC MAG diskutieren die beiden aktuelle Entwicklungen und den Rechenzentrumsmarkt der Zukunft.

DC MAG: Frau Köhn, zunächst die Frage nach dem Status quo: Können Sie uns bitte einige einführende Hinweise zum Blauen Engel für Rechenzentren geben? Wie ist hier die Entwicklung und wie schätzen Sie diese Tendenzen ein?

Marina Köhn: Den Blauen Engel für den Energieeffizienten Rechenzentrumsbetrieb (DE-UZ 161) gibt es bereits seit 2011. Den Blauen Engel für Co-Location-Rechenzentren (DE UZ 214), gibt es hingegen erst seit 2020. Der Blaue Engel beschreibt die Anforderungen, wie ein Rechenzentrum beschaffen sein muss, dass energieeffizient, ressourcenschonend und somit umweltverträglich ist. Den Blauen Engel gibt es derzeit noch in den eben genannten zwei Varianten, was sich jedoch bald ändern wird.

Wir arbeiten aktuell an der Weiterentwicklung und Zusammenführung der Blauen Engel für energieeffizienten Rechenzentrumsbetrieb und klimaschonende Co-Location-Rechenzentren.

Denn so wie sich die Anforderungen an IT-Infrastrukturen verändern, so passen wir auch die Kriterien des Blauen Engels kontinuierlich an. Dabei sind wir ständig im Kontakt mit unseren Auditoren, wie z. B. Herrn Thiel, um die Anforderungen und Kriterien zu schärfen. Wir planen aktuell, Anfang des Jahres 2023 die modifizierte Variante des Blauen Engels zu veröffentlichen. Auf dieser Grundlage werden dann – so unser Ziel – im Frühjahr des kommenden Jahres neue Zertifizierungsregelungen kommen.

Wie viele Zertifizierungen nach dem Blauen Engel für energieeffizienten Rechenzentrums-Betrieb gibt es in etwa aktuell? Welchen Trend können Sie im Markt beobachten?

Marina Köhn: Es sind derzeit tatsächlich noch nicht viele Zertifizierungen, aber die Anfrage steigt konstant und ich werde immer häufiger auf den Blauen Engel angesprochen. Er wird immer präsenter in der Wahrnehmung. Denn sämtliche Themen, mit denen wir uns bereits seit Jahren beschäftigen, sind für die Branche von größter Relevanz. Nachhaltigkeit und Energieeffizienz sind nur zwei von zahlreichen Punkten, die uns bei unserer Arbeit beschäftigen. Und der Blaue Engel ist hier ein äußerst zuverlässiges Messinstrument.

Wir verfolgen auch die dynamische Entwicklung des Marktes und passen im Austausch mit unseren Experten die Regularien an. Hierzu werden wir in Workshops mit den Auditoren die Änderungen vorstellen und diskutieren. Als einen der letzten Schritte werden die Vergabedokumente inkl. der Antragsunterlagen überarbeitet. Die Überarbeitung der Regularien findet im engen Austausch mit Betreibern, Planern und Kunden von Rechenzentren statt.

Wir arbeiten daran, die Akzeptanz innerhalb der Branche zu steigern, um die Verbreitung und Wirkung des Umweltzeichens zu erreichen. Hier sind wir auf einem guten Weg, sehen auf dem Markt jedoch einen deutlichen Optimierungsbedarf: Es bedarf einem Plus an innovativen Maßnahmen und neuen Ideen, um die derzeitige Energievergeudung zu stoppen.

Natürlich stellt sich immer die Frage nach dem Sinn einer Zertifizierung, denn sie kostet Zeit und Geld. Eine Investition in die Nachhaltigkeit zahlt sich für RZ-Betreiber jedoch aus. Denn jede Zertifizierung startet mit einer Beratung nach dem Kriterienkatalog und kann Potenziale zur Energieeinsparung aufdecken. Die Kosten können sich dadurch amortisieren und die Investition zahlt sich auf lange Sicht aus. Um noch mehr Rechenzentren mit den Blauen Engel auszeichnen zu können bieten wir kostenlose Beratungsleistungen an.

Dr. Dieter Thiel: Wir beraten umfassend und geben Hilfestellung in Sachen Förderung. Der Blaue Engel ist gemäß Koalitionsvertrag ein Bewertungskriterium für klimaneutrale Rechenzentren, wie sie ab 2027 Pflicht sind. Rechenzentrums-Betreiber haben die Möglichkeit, eine Förderung für die Beratung durch einen zertifizierten Auditor zur energetischen Optimierung und Zertifizierung mit dem Umweltzeichen Blauer Engel zu beantragen. Ich selbst bin für die DCG akkreditierter Auditor. Wir Auditoren unterstützen bei der Antragstellung, führen die Beratungsleistung aus, die vom Umweltbundesamt subventioniert wird und bei positiver Prüfung des Antrags für den Blauen Engel durch das Umweltbundesamt wird sogar ein zusätzlicher Bonus ausgezahlt.

Bei der DCG arbeiten wir täglich in Projekten aller Größenordnungen an den Themen Nachhaltigkeit und Effizienz. Wir beraten unsere Kunden zielgerichtet und zeigen dabei Einsparpotentiale auf. Dabei verlieren wir aber auch die Wirtschaftlichkeit nicht aus den Augen.

Es geht zum einen darum, diese Ansprüche in unseren Projekten konsequent umzusetzen. Dabei müssen wir die aktuellen Entwicklungen immer im Blick haben. Durch die Synergien der fünf Unternehmensbereiche der Data Center Group über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg sind wir sehr gut aufgestellt und realisieren für unsere Kunden effiziente und zukunftssichere Lösungen.

Welche zukünftigen Änderungen und Anpassungen sind in Planung? Wo liegen hier die Schwerpunkte?

Marina Köhn: Es findet aktuell eine große Energievergeudung statt. Hier muss sich dringend etwas ändern. Die Reduzierung von Energie ist ein großes Thema und wir haben dabei natürlich alle Konzepte, wie bspw. die Abwärmenutzung, im Fokus. Wir sehen hier aber immer noch eine große Diskrepanz, denn diese Themen sind einerseits häufig in den Schlagzeilen, werden andererseits im Markt aber nicht stringent umgesetzt. Hier muss eine fundierte Grundlage geschaffen werden, auf der zielgerichtet diskutiert werden kann. Dabei sind Politik, Verbände, RZ-Betreiber und die gesamte Branche gefordert.

Foto Marina Köhn: Quelle privat

Foto Dieter Thiel: Quelle privat

 

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